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Chaos an Flughäfen: Welche Rechte habe ich als Fluggast?
25.07.2022 - Kurz vor dem Abflug summt das Smartphone und bereits die ersten paar Zeichen der Push-Meldung meiner Reise-App lassen mich aufhorchen. „Ihr Flug wurde verschoben.“
Lesedauer: 7 Minuten
Um meinen Reisebericht vorwegzunehmen: Im Vergleich mit so manch anderem Fluggast bin ich glimpflich davon gekommen und musste „nur“ verschobene Flüge in Kauf nehmen. Keine Streichungen, keine Nächte auf dem Boden vor dem Check-in-Schalter. Geärgert hat mich nur die viele Zeit, die ich statt in der malerischen Innenstadt von Lissabon am Flughafen verbracht habe – vor lauter Sorge, meinen Rückflug könne es erwischen.
„Seien Sie mindestens drei Stunden vor Beginn des Check-in am Flughafen“, empfahl die Reise-App. Die lokalen Nachrichten stießen ins selbe Horn: Dutzende Meldungen vom Flughafen-Chaos in ganz Europa. Streik, Personalmangel, Über-Andrang von Reiselustigen – die Begründungen waren zahlreich, der Trost für die gestrandeten Passagiere gering.
Die Hochsaison im Sommer ist für den Luftverkehr schon vor der Corona-Pandemie aufreibend gewesen. Lange Schlangen vor dem Check-in, gestrichene Flüge, unzufriedene Urlauber. Derzeit fehlen laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) rund 7.200 Fachkräfte bei Boden- und Luftpersonal.
Die Pandemie und der zeitweise beinahe zum Erliegen gekommene Luftverkehr haben vor allem Billig-Airlines zu Personalabbau gezwungen – wenn es nicht das Personal selbst war, das dem auf Eis liegenden Flugbetrieb den Rücken kehrte und sich anders orientierte.
Dem vorhandenen Personalmangel und seiner Verschärfung während der Pandemie gesellte sich eine erwartbare – für viele Airlines jedoch trotzdem überraschende – weitere Dimension hinzu: Der Entfall der Reisewarnungen, die Öffnung der Grenzen und die in drei Jahren Corona aufgestaute Flugreiselust der Europäer.
Das Wichtigste zuerst: Storniert die Airline einen Flug, muss Sie die Passagiere entschädigen. Was einfach klingt, gestaltet sich in der Realität meist komplizierter.
Nach EU-Recht haben Kunden Anspruch auf die Erstattung des Flugpreises und je nach Strecke, Wartezeit und Zeitpunkt der Stornierung auf eine Entschädigung. In den folgenden Absätzen erfahren Sie, wie Ihre Rechte in unterschiedlichen Situationen aussehen.
Bei internationalen Flügen ergeben sich für den Fluggast Ersatzansprüche aus dem sogenannten „Montrealer Übereinkommen“. Dieses gilt für alle internationalen Flüge in Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben. Die Airline muss dem Fluggast den Schaden ersetzen, der durch eine Flugverspätung entstanden ist. Eine Haftung für Personen- oder Gepäckschäden ist darin ebenfalls geregelt. Achtung: Dafür müssen Sie einen konkreten Schaden nachweisen. Das können z. B. zusätzlich anfallende Übernachtungskosten oder Kosten für die Anschaffung von Ersatzkleidung und Hygieneartikeln sein. Also: Kassenbons, Quittungen und Rechnungen aufbewahren.
Die Fluggesellschaft muss finanzielle Schäden ersetzen, die durch die Annullierung als Verletzung der vertraglichen Beförderungspflicht entstehen. Sie haftet nicht, wenn sie keine Schuld an der Annullierung des Flugs trifft. Solche Fälle sind beispielsweise:
Technische Defekte kann das Luftfahrtunternehmen dagegen nicht vorschieben.
Ihr Recht: Wenn die Umstände des Flugausfalls erwartbar für die Airline gewesen sind – und hierzu gehört die Tatsache, dass entfallende Reisebeschränkungen mit großer Wahrscheinlichkeit zu mehr Reisen führen – dürfen Passagiere Ihr Geld zurückverlangen.
Einigen Fluggästen mag dies als Kompensation genügen, viele frustrierte Reisende ärgern sich jedoch über die Angewohnheit der Fluggesellschaften, lieber einen Gutschein für eine zukünftige Reise anzubieten als das Geld für das Ticket zu erstatten.
Ihr Recht: Sie müssen den Gutschein keineswegs annehmen, sondern können auf die Erstattung des Ticketpreises beharren.
Entscheidend ist hier, wann Sie über die Annullierung informiert wurden und ob die Fluggesellschaft Ihnen einen Alternativflug mit Flugzeiten angeboten hat, die nur minimal von denen des annullierten Flugs abweichen. Die Europäischen Fluggastrechte verpflichten Fluggesellschaften dazu, einen Ersatzflug anzubieten – und zwar unter vergleichbaren Reisebedingungen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Lehnen Sie diesen ab, muss Ihnen die Fluggesellschaft zusätzlich zur Erstattung des Ticketpreises je nach Entfernung zwischen 250 € und 600 € Entschädigung zahlen.
Ihr Recht: Sie müssen den Alternativflug also nicht akzeptieren, nur weil er Ihnen angeboten wird. Befinden Sie sich bereits am Flughafen – womöglich im Ausland – und lehnen den Alternativflug ab, erlischt leider auch der Anspruch auf ein etwaiges Hotelzimmer in Flughafennähe und Speisen und Getränke während der Wartezeit.
Eine Reise besteht aus mehr als zwei Flügen. Die meisten Passagiere haben Hotels, Ferienwohnungen und Mietwagen schon vor Ankunft am Urlaubsort gebucht: Wie sieht es damit aus, wenn der Flug gestrichen wird?
Ihr Recht: Sie müssen diese Kosten, je nach den Bedingungen der Verträge zwischen den Anbietern, Hotels und Ihnen, zunächst einmal übernehmen. Sie können die eventuell anfallenden Stornierungsgebühren und Kosten jedoch bei der Airline geltend machen. Erneut gilt: Die Airline muss nachweislich Schuld am Ausfall Ihres Fluges sein.
Haben Sie Ihre Flugreise über einen Reiseveranstalter gebucht, muss dieser Ihnen die Kosten auch ersetzen. Voraussetzung ist, dass Sie das Reiseziel aufgrund eines ausfallenden Fluges nicht erreichen können. Pauschalurlauber haben somit den eindeutigen Vorteil, sich lediglich an eine einzige Stelle wenden zu müssen.
Die Anbieter sind zahlreich und haben kunterbunte Namen: Opodo, Swoodoo, Kiwi und der Platzhirsch fluege.de beherrschen den Markt der Flugvergleichsportale. Wenn Sie über eines dieser Portale gebucht haben, ist trotzdem die Airline Ihr Vertragspartner. Wenden Sie sich bei Annullierungen, Umbuchungen und Verspätungen stets an sie. Haben Sie über einen dieser Anbieter eine ganze Reise zusammengestellt und dabei Flüge mehrerer Airlines gebucht, müssen Sie bei Forderungen Ihrerseits auch an jede einzelne davon herantreten. Das Vergleichsportal mag über eigene Callcenter, Apps und Helpdesks mitunter hilfreiche Services anbieten – das ändert an Ihrem Beförderungsvertrag mit der Fluglinie jedoch nichts.
Wer wegen einer Verspätung der Bahn einen Flug verpasst hat, könnte in der Theorie tatsächlich auf die Deutsche Bahn oder den entsprechenden privaten Betreiber zugehen und Schadenersatz fordern. Allerdings muss nachgewiesen werden, dass die Verspätung auf grober Fahrlässigkeit beruht. Da dies in der Praxis kaum nachgewiesen werden kann, wird so ein Vorhaben kaum Aussicht auf Erfolg haben.
Ein ähnliches Prinzip gilt im Falle einer Anreise zum Flughafen mit dem Taxi oder dem Auto. Wer in einen Stau gerät, hat keinen Anspruch auf Erstattung seines Flugtickets durch die Airline oder jemand anderen.
Selbst wenn der Flieger abhebt, kann sich Ärger einstellen: Verschwundenes Gepäck ist ärgerlich, ob Hin- oder Rückflug. Verliert die Fluggesellschaft das Gepäck, können Sie Schadenersatz geltend machen.
Gerade während des Flughafenchaos kam es zu einigen besonders kuriosen Fällen von verpassten Flügen aufgrund von langwierigen Sicherheitskontrollen. Wer rechtzeitig am Flughafen war und aufgrund der Sicherheitskontrolle seinen Flug verpasst, kann seinen Schadenersatzanspruch tatsächlich an die Bundesrepublik Deutschland stellen. Diese ist für die Organisation und Durchführung der Sicherheitskontrolle zuständig.
Ihre Rechte als Fluggast sind klar – aber wie erhält man sein Geld von einer Airline eigentlich wieder zurück?
Selbst an die Airline heranzutreten kann sich in vielen Fällen lohnen. Ein wenig Stöbern in der App oder auf der Website der Airline wird schnell eine Kontaktmöglichkeit zum Kundenservice oder zumindest eine Telefonnummer und Adresse zu Tage fördern.
Wer eine Rechtsschutzversicherung der Württembergischen besitzt, kann sich über die Telefonische Rechtsberatung anwaltlich beraten lassen. Sollte sich die Airline oder der Reiseanbieter quer stellen, hilft die Rechtsschutzversicherung bei Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.
Wer noch nicht bei der Württembergischen versichert ist, dem hilft die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. weiter. Diese bietet sogar ein Online-Formular an, mit dem Dokumente und der Schriftverkehr mit der Airline hochgeladen werden können.
Es gibt Fluggast-Rechteportale, die das Geld von der Airline in Ihrem Auftrag zurückfordern. Diese Dienstleistung bezahlt der Kunde allerdings mit einem Teil der Entschädigung. Es wird zwischen Rechteportalen unterschieden, die nach der „Inkasso“- Methode vorgehen – diese dauert mitunter mehrere Monate – und Rechteportalen, die nach dem Prinzip der „Sofort-Entschädigung“ arbeiten. Diese schätzen Ihren individuellen Fall ein und machen Ihnen ein individuelles Angebot. Nehmen Sie dieses an, erhalten Sie das Geld sofort überwiesen – egal wie viel der Dienstleister später tatsächlich bei der Airline herausholt. Ein Honorar von bis zu 30 oder 40 % der Forderung ist hier allerdings üblich.
Die Beauftragung eines solchen Dienstleisters will also wohlüberlegt sein.
Johannes Traub arbeitet seit Juni 2019 bei der Württembergischen Versicherung und kümmert sich um alles, was sich Content nennen darf. Mit seiner Erfahrung in den Bereichen Gesundheitsmanagement, Marketing sowie im Journalismus sorgt er dafür, dass die Inhalte der Württembergischen so viel klare Kante zeigen wie ihr Slogan.
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