• Rente mit 35? Das steckt hinter Frugalismus. : Frau in grüner Bluse führt Haushaltsbuch und trink Zitronenwasser
Zukunft

Rente mit 35? Das steckt hinter Frugalismus.

18.09.2024 - Kennen Sie Frugalismus – ein Lebensstil geprägt von Minimalismus und finanzieller Freiheit? Erfahren Sie, was sich hinter dieser Lebensphilosophie verbirgt und welche spannenden Erkenntnisse wir in unserer Umfrage zum Frugalismus gewinnen konnten.

Lesedauer: 6 Minuten

Frugalismus – ein Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger zu hören ist. Aber was genau steckt dahinter? In einer Welt, die von Konsum und materiellem Wohlstand geprägt ist, setzen Frugalisten bewusst auf ein einfacheres und sparsameres Leben. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf Verzicht, sondern auf dem bewussten Umgang mit Ressourcen, um finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.

Ursprünge und Geschichte des Frugalismus

Der heutige Frugalismus hat seine Wurzeln in historischen Bewegungen, die sparsamen Konsum betonten. Als eigenständige Bewegung gewann er jedoch erst in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung, insbesondere nach der Finanzkrise der 2000er Jahre. Damals führten wirtschaftliche Unsicherheit und die Kritik an der Konsumgesellschaft dazu, dass viele Menschen ihre Konsumgewohnheiten überdachten und einen einfacheren, bewussteren Lebensstil suchten.

In den letzten Jahren hat das Internet eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des Frugalismus gespielt. Online-Communities und Blogs boten eine Plattform für Gleichgesinnte, um Ideen und Strategien auszutauschen. Auch die zunehmende Sensibilisierung für Umweltfragen hat dazu beigetragen, dass Frugalismus als verantwortungsbewusste Lebensweise an Attraktivität gewann. Heute ist Frugalismus nicht nur ein Mittel zur finanziellen Unabhängigkeit, sondern auch ein Weg, ein erfüllteres und bewussteres Leben zu führen. Doch wie verbreitet ist der Begriff tatsächlich? In einer Umfrage, die wir im Sommer 2024 mit dem Marktforschungsinstitut Appinio durchgeführt haben, haben 55 % der 600 Befragten den Begriff Frugalismus zumindest schon einmal gehört. Diese 55 % setzen sich zusammen aus

  • 14 %, die Frugalismus praktizieren,
  • 23 %, die wissen, was es ist und
  • 18 %, die den Namen schon einmal gehört haben, aber nicht wissen, worum es sich handelt.

Dem gegenüber stehen 45 %, die noch nie etwas von Frugalismus gehört haben.

Kernprinzipien des Frugalismus

Der Frugalismus basiert auf einigen grundlegenden Prinzipien, die das Leben bewusster, einfacher und finanziell unabhängiger machen sollen. Diese Prinzipien leiten sich aus der Überzeugung ab, dass ein glückliches und erfülltes Leben nicht durch materiellen Überfluss, sondern durch klugen Umgang mit Ressourcen erreicht wird.

  • Sparsamkeit: Im Zentrum des Frugalismus steht die bewusste Entscheidung, Geld nur für das Wesentliche auszugeben. Das bedeutet nicht, jeden Cent zweimal umzudrehen, sondern gezielt Prioritäten zu setzen und überflüssige Ausgaben zu vermeiden. Frugalisten analysieren ihre Ausgaben, um unnötige Kosten zu identifizieren, und finden Wege, diese zu reduzieren. Es geht darum, den Wert des Geldes zu verstehen und es so einzusetzen, dass es maximale Zufriedenheit bringt.
  • Finanzielle Unabhängigkeit: Das Ziel von Frugalisten ist es, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen, um früher als gewöhnlich in den Ruhestand gehen zu können oder mehr Freiheit im Leben zu genießen. Dies wird erreicht, indem ein erheblicher Teil des Einkommens gespart und investiert wird. Der Frugalismus lehrt, dass es nicht nur darauf ankommt, wie viel man verdient, sondern vor allem, wie man das Geld nutzt, um langfristige finanzielle Ziele zu erreichen. Der Gedanke, nicht mehr von einem festen Einkommen abhängig zu sein, eröffnet neue Möglichkeiten und schafft ein Gefühl der Sicherheit und Freiheit.
  • Minimalismus: Eng verbunden mit der Sparsamkeit ist der Minimalismus, der sich nicht nur auf den Konsum, sondern auch auf das allgemeine Lebensumfeld bezieht. Ein minimalistischer Lebensstil bedeutet, sich von unnötigem Besitz zu trennen und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Dies kann zu einem aufgeräumten Zuhause, weniger mentalem Ballast und einem tieferen Sinn für Zufriedenheit führen. Durch die Reduktion auf das Wesentliche entsteht mehr Raum für die Dinge, die wirklich zählen – wie Beziehungen, persönliche Entwicklung und Erfahrungen.
  • Ressourcenschonung: Frugalismus und Umweltbewusstsein gehen oft Hand in Hand. Durch den bewussten Verzicht auf übermäßigen Konsum und die Fokussierung auf Langlebigkeit und Qualität der gekauften Produkte tragen Frugalisten aktiv zum Umweltschutz bei. Weniger Konsum bedeutet weniger Abfall und einen kleineren ökologischen Fußabdruck. Gleichzeitig führt das Streben nach einem ressourcenschonenden Lebensstil dazu, dass man bewusster mit den vorhandenen Ressourcen umgeht – sei es durch den Kauf von gebrauchten Gegenständen, das Reparieren statt Wegwerfen oder die Nutzung erneuerbarer Energien.

Diese Kernprinzipien lassen sich auch bei der Befragung der Frugalisten in unserer Umfrage erkennen.

Was motiviert Sie hauptsächlich Frugalismus zu praktizieren?

(84 Befragte, Zustimmung zu maximal 3 Antwortmöglichkeiten)

MotivationProzent

Frühzeitige Rente

32 %

Schuldenfreiheit

30 %

Minimalismus/einfaches Leben

30 %

Bessere Kontrolle über meine Finanzen

29 %

Umweltbewusstsein

27 %

Persönliche Herausforderung

26 %

Höhere Lebensqualität

25 %

Vorbereitung auf wirtschaftliche Unsicherheit

21 %

Glücklicheres Leben

19 %

Finanzielle Unabhängigkeit

18 %

Die größten Herausforderungen eines frugalen Lebensstils

Der Wechsel zu einem frugalen Lebensstil kann anfangs herausfordernd sein, besonders für diejenigen, die in einer stark konsumorientierten Umgebung aufgewachsen sind. Alte Gewohnheiten abzulegen, wie zum Beispiel spontane Einkäufe oder der Drang nach dem neuesten Gadget, erfordert Disziplin und Geduld. Außerdem kann es schwierig sein, das soziale Umfeld zu überzeugen. Freunde und Familie, die nicht die gleichen Werte teilen, könnten den neuen Lebensstil als extrem oder unverständlich empfinden. Der Druck, an gesellschaftlichen „Konsumritualen“ wie Geschenkkäufen oder Restaurantbesuchen teilzunehmen, kann ebenfalls zu inneren Konflikten führen.

Dass der Lebensstil für viele mit Herausforderungen verbunden ist, zeigt auch unsere Befragung. So kann sich nur knapp ein Viertel der Befragten vorstellen nach dieser Philosophie (teilweise) zu leben.

Könnten Sie sich vorstellen, nach dieser Philosophie zu leben?

  • Grundsätzlich ja, aber ich halte es für unrealistisch: 23 %
  • Nein, das könnte ich mir überhaupt nicht vorstellen: 20 %
  • Grundsätzlich ja, müsste mich aber noch näher damit beschäftigen: 20 %
  • Ich könnte mir vorstellen, teilweise danach zu leben: 18 %
  • Ja, das könnte ich mir sehr gut vorstellen: 11 %
  • Weiß nicht: 8 %

Bei den Befragten, die sich den frugalen Lebensstil nicht vorstellen können (106 Personen), dominieren die folgenden fünf Gründe:

Warum könnten Sie sich nicht vorstellen, nach dieser Philosophie zu leben?

  • Ich möchte mich nicht ständig mit Einschränkungen beschäftigen müssen: 49 %
  • Ich denke, dass es zu extrem ist: 47 %
  • Ich genieße es, Geld auszugeben und Dinge zu kaufen: 47 %
  • Ich möchte meinen Lebensstandard nicht einschränken: 44 %
  • Es erfordert zu viel Disziplin und Planung: 32 %
Frau sitzt auf Küchenzeile mit Kochbuch in der Hand
Frugalismus kann den Alltag einschränken: Teure Restaurantbesuche werden durch selbstgekochtes Essen ersetzt.

Kritik an der Frugalismus-Bewegung

Wie bei jeder Lebensweise gibt es auch beim Frugalismus kritische Stimmen. Manche sehen in ihr eine Form von Verzicht, die zu einem ungenießbaren Lebensstil führen könnte. Die ständige Fokussierung auf das Sparen und Minimieren wird von Kritikern als zu restriktiv empfunden. Sie argumentieren, dass Frugalisten Gefahr laufen könnten, Lebensfreude und Genuss zu vernachlässigen, indem sie zu sehr auf finanzielle Ziele fixiert sind.

Ein weiteres Argument gegen den Frugalismus ist, dass er nicht für alle umsetzbar ist. Menschen mit niedrigem Einkommen haben oft nicht die Flexibilität, Geld zu sparen oder in Vermögenswerte zu investieren, wie es viele Frugalisten tun. Die Kritik: Den „Luxus“ des Frugalismus können sich häufig nur Gutverdienende leisten. Darauf deutet auch unsere Befragung hin: Bei den praktizierenden Frugalisten in unserer Befragung haben rund ein Viertel (24 %) ein Haushaltseinkommen von über 6.000 € netto.

Frugalismus: Vorbild für mehr Sparsamkeit?

Ein frugaler Lebensstil ist sicherlich nicht für jeden umsetzbar. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten haben viele Menschen nicht die Möglichkeiten, so viel Geld zur Seite zu legen. Das belegt auch unsere Umfrage. Mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) kann bis unter 300 € pro Monat sparen:

Wie viel Geld von Ihrem Nettoeinkommen sparen Sie aktuell pro Monat an?

• 1 € bis unter 50 €: 8 %

• 50 € bis unter 100 €: 12 %

• 100 € bis unter 150 €: 10 %

• 150 € bis unter 200 €: 12 %

• 200 € bis unter 300 €: 11 %

6 % geben sogar an, derzeit gar nichts zu sparen.

Vielleicht gibt der Frugalismus dennoch Ansätze mit, die Personen dazu anregen könnten, das eigene Sparverhalten zu hinterfragen.

Wenn es notwendig wäre, Einsparungen vorzunehmen, gaben ca. 95 % der Teilnehmer an, dass sie sich durchaus in der Lage sehen, ihre Sparraten zu erhöhen. Für die Mehrheit der Befragten (ca. 60 %) liegt die zusätzliche Sparrate bei unter 300 €, die sich wie folgt aufteilt: Für ca. 20 % der Befragten wäre ein zusätzlicher Sparbetrag unter 100 € denkbar. Ca. 25 % der Teilnehmer könnten sich einen zusätzlichen Sparbetrag von 100 € bis unter 200 € vorstellen und ca. 15 % ziehen einen Sparbetrag von 200 € bis unter 300 € in Betracht.

Diese Bereitschaft zeigt, dass es bei vielen Menschen durchaus Spielraum gibt, um ihre Finanzen anzupassen – sei es durch Reduktion von Freizeitaktivitäten, Urlauben oder durch bewusstere Entscheidungen im Alltag.

Wo sehen Sie bei Ihren Ausgaben das größte Einsparpotenzial?

(Mehrfachnennung möglich)

EinsparpotenzialProzent

Lebensmittel

37 %

Freizeitaktivitäten (z. B. Kino, Party, Museum)

34 %

Restaurantbesuche

34 %

Kleidung

31 %

Urlaube/Reisen

29 %

Abonnements und Mitgliedschaften (z. B. Fitnessstudio, Streaming)

27 %

Mobilität (z. B. Auto, ÖPNV)

20 %

Wellness und Pflege (z. B. Sauna, Kosmetik)

19 %

Energiekosten (z. B. Strom, Gas)

19 %

Wohnen (z. B. Miete, Nebenkosten)

19 %

Versicherungen

18 %

Telekommunikation (z. B. Handy, Internet)

14 %

Bildung und Weiterbildung

10 %

Fazit: Frugalismus – eine bewusste Entscheidung

Der Frugalismus ist eine Lebensphilosophie, die Sparsamkeit, finanzielle Unabhängigkeit und Ressourcenschonung in den Mittelpunkt stellt. Unsere Umfrage zeigt, dass viele Menschen grundsätzlich offen für diesen Lebensstil sind, auch wenn die Umsetzung für einige als herausfordernd erscheint. Während ein erheblicher Teil der Befragten Einsparpotenziale in Bereichen wie Freizeit, Restaurantbesuchen und Konsumgütern sieht, empfinden andere den Verzicht auf materielle Güter als zu extrem oder als Einschränkung ihrer Lebensfreude.

Doch auch Personen, denen der Lebensstil zu einschränkend ist, können Inspiration am Frugalismus finden und das eigene Sparverhalten überdenken. Die Balance zwischen Sparsamkeit und Genuss ist dabei entscheidend, um sowohl kurzfristige Zufriedenheit als auch langfristige finanzielle Freiheit zu erreichen.

Übrigens: Ob Frugalist oder "normaler Sparer": Beim langfristigen Vermögensaufbau kann unsere Genius Vorsorge helfen. Damit können Sie Ihr Vermögen sicher und rentabel investieren, ohne dabei auf Flexibilität zu verzichten. Sprechen Sie gerne unsere Beraterinnen und Berater an, die Ihnen gerne weiterhelfen.

Die Autorin: Katharina Schmidl

Katharina Schmidl arbeitet seit 2021 bei der Württembergischen Versicherung als Content Marketing Managerin. Ihre Leidenschaft für Content hat sie während ihres Studiums der Kommunikationswissenschaften entdeckt und seitdem in verschiedenen Positionen in Marketing und Kommunikation eingesetzt.

Für die Rente mit 35 ist es bei mir wohl schon zu spät. Aber den eigenen Konsum kritischer zu hinterfragen ist sicherlich eine gute Idee.

Katharina Schmidl Autorin Württembergische Blog

Katharina Schmidl

Redakteurin württgemacht Blog

Das haben andere gelesen

Weitere Artikel zu diesem Thema

  • Interview - Das 3-Topf-Modell des Vermögensaufbaus: Junge Frau mit Sparschwein in der Hand sortiert ihr Geld

    Zukunft

    02.07.2024 - Wie viel sollte ich sparen? In was sollte ich investieren? Ist Risiko oder Sicherheit wichtiger? Geldanlage kann komplex wirken, doch mit ein paar Grundlagen ist vieles einfacher. Daniel Jehle erklärt es uns im Interview.

  • Finanzen - Ein Status quo der Generationen Y und Z

    Zukunft

    13.03.2023 - Warum ist am Ende des Gelds noch so viel Monat übrig? Bei den steigenden Lebenshaltungskosten des letzten Jahres hat sich das der ein oder andere sicherlich schon gefragt. Wir haben untersucht, wie junge Menschen aktuell ihre Finanzen handhaben.

  • Wie seriös sind Finfluencer?

    Zukunft

    15.09.2022 - Finfluencer mischen die Finanzberatung auf. Fast ein Viertel der Deutschen hat schon einmal eine finanzielle Entscheidung aufgrund eines Tipps auf Social Media getroffen.